Der „Doppelpack“ christliche Mystik und Seelsorge bringt auf den Punkt, worum es mir persönlich und beruflich geht. Christliche Mystik hat mit Erfahrung zu tun. Jesus, der später als „Christus“, als Gesalbter Gottes, bezeichnet wurde, ist dabei so etwas wie eine „Blau-Pause“. Blau, die Farbe des Wassers und des Himmels – sie ist auch die Farbe des Vertrauens. Und „Pause“ steht für Unterbrechung. Damit hat die berühmte Blaupause nichts zu tun. Doch Jesus ist für mich ein Vorbild, eine Blaupause, gerade in seinem Vertrauen, zuinnerst mit der göttlichen Wirklichkeit verbunden und von ihr umgeben zu sein. Und er ist ein Vorbild in seiner Kunst der Unterbrechung. Nicht nur, dass er Pausen gemacht hat. Er hat auch den Kreislauf von Gewalt und Rache unterbrochen. Und ihm wurde Recht gegeben. Dafür steht Ostern, das Fest der Auferstehung.
Im Studium habe ich mich intensiv mit den mystischen Theologinnen Julian of Norwich und Marguerite Porete beschäftigt. Die feministische Ausrichtung hat auch dazu geführt, dass ich nach der Promotion, im Alter von 35 Jahren, aus der römisch-katholischen Kirche aus- und in die evangelische Landeskirche in Baden eingetreten bin. In meiner Arbeit als Pfarrerin leiten mich heute noch diese Interessen an einer Mystik, die an Jesus, dem Christus, Maß nimmt, und an feministischer Theologie, die herrschaftskritisch sich engagiert für Sanftmut und Zärtlichkeit gegenüber allem, was lebt.
Verbundenheit, der Kern der Mystik, kann immer wieder verletzt werden und sich wie durchtrennt und zerstört anfühlen. Seelsorge unterstützt dabei, durch diese Kränkungen hindurch stets neu zur Gewissheit des Verbunden-Seins zu gelangen. Solche Seelsorge habe ich in meinem Leben oft erfahren dürfen. Neben dem Beten und der Beziehung zu meinem Mann, neben Freund*innen und Begleiter*innen sind es auch das Lesen, Schwimmen und Singen, das Doppelkopf-Spielen und Fahrrad-Fahren sowie vieles andere, die für meine Seele sorgen.
Heute ist die Seelsorge zu meinem eigentlichen Beruf geworden. Ich arbeite in einem Zentrum für Psychiatrie in Emmendingen. Dafür habe ich mich zusätzlich durch eine Ausbildung in Gestalttherapie und in Imaginationsbegleitung sowie durch den HPsych (Heilpraktiker*in Psychotherapie) qualifiziert.
Christliche Mystik und Seelsorge – sie prägen mich, und ich möchte Sie auf diesen Seiten daran teilhaben lassen.